Station 1: **Kirchhof bei der Marienkirche** *(Nr. 1 im Übersichtsplan)* Auf dem heute parkähnlich gestalteten Areal um die Kirche Beatae Mariae Virginis befand sich einst der älteste Begräbnisplatz der Stadt. Etwa vierhundert Jahre lang, vom ausgehenden 14. bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert, sind hier Begräbnisse vorgenommen worden; Generationen von Wolfenbütteler Hofbeamten und Bürgern fanden an diesem Ort ihre letzte Ruhestätte. Vereinzelt erhaltene Grabsteine oder Grabplatten an der Kirchenmauer und im Boden erinnern noch an Begräbnisse. Am Sockel der Kirche in etwa 4m Höhe kann man eingemeißelte Ziffern zur Kennzeichnung der Grabstellen erkennen. Die erhaltenen Steine, oft erst später hier aufgestellte Grabplatten, stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Meist sind sie kunstvoll verziert mit barocker Ornamentik. Geknickte Blumen und gekreuzte Knochen weisen symbolhaft auf die Vergänglichkeit des Lebens hin, Putten halten Stundenglas und Totenschädel. In Stein gemeißelte Familienwappen und ausführliche Texte, mitunter in lateinischer Sprache, geben Auskunft über die Verstorbenen und ihre Lebensgeschichte. Bibelzitate bezeugen die Frömmigkeit. Ein erkennbar auf jüngerer Zeit stammendes schlichtes Sandsteinkreuz an der Südseite gibt Rätsel auf: *Hier ruht unser lieber Vater* *Karl Oelker* *geb. 28.12.184 – gest. 2.8.1930* Im 20. Jahrhundert wurde hier niemand mehr bestattet. Es handelt sich um den Grabstein eines verdienten Kantors der Kirche; dieser Stein wurde nach Ablauf des Begräbnisses vom Hauptfriedhof im Jahr 2003 hierher versetzt. **Zur Geschichte des Kirchhofes und der Begräbnisse in der Kirche** Erste Erwähnung findet der Vorgängerbau der heutigen Hauptkirche, die Marienkapelle, im Jahre 1301. Einige Jahrzehnte später muss sie bereits von einem ständigen Kirchhof umgeben gewesen sein, dem sie als Begräbniskapelle diente. Eine 1395 gestiftete Kalandbruderschaft kümmerte sich um Verstorbene, tat Fürbitte und leistete den Angehörigen Beistand. Der Kaland, benannt nach den am 1. eines Monats (Calendae) stattfindenden Zusammenkünften, führte bis 1520 ein eigenes Totenregister. Nach Einführung der Reformation im Herzogtum wurde die Kalandbruderschaft aufgelöst. In vorreformatorischer Zeit bildete die Oker die Grenze zwischen den Bistümern Halberstadt und Hildesheim. Die östlich der Oker gelegene Marienkapelle sowie die sie umgebende Siedlung ›Unserer lieben Frauen‹ unterstanden dem Bischof von Halberstadt. Die westlich der Oker gelegene Burg mit der Dammfestung besaß ein Gotteshaus, die Longinuskapelle, aber keinen Begräbnisplatz. Im Jahre 1460 erteilte der Bischof von Halberstadt der Marienkapelle das Begräbnisrecht auch für die Verstorbenen der Dammfestung, die nun ebenfalls hier beigesetzt werden konnten. Eine Aufwertung erhielt der Begräbnisplatz bei der Marienkapelle in der Regierungszeit des Herzogs Heinrich d. J. (reg. 1514-1568). Dieser ließ 1553 eine Gruftkapelle als herzogliches Erbbegräbnis errichten, um seine in der Schlacht bei Sievershausen gefallenen Söhne Philipp Magnus und Karl Victor hier beizusetzen. Die Epitaphe mit ihren Bildnissen sind noch heute in der Hauptkirche zu sehen. Die Marienkapelle wurde bald danach zu einer Pfarrkirche ausgebaut. Herzog Julius ließ mit seiner Regierungsübernahme 1568 die Reformation im Herzogtum Braunschweig einführen. Um 1600, in der Regierungszeit des prachtliebenden Herzog Heinrich Julius, begann man mit der Planung des neuen großen Kirchenbaus, der heutigen Hauptkirche Beatae Mariae Virginis. Die Kirche gilt als der erste protestantische Großkirchenbau Deutschlands. Ihr Baumeister Paul Francke verstarb noch während der Bauzeit im Alter von 77 Jahren. Er fand seine letzte Ruhestätte unter dem Kirchenschiff. Ein Epitaph mit dem Bildnis Franckes an der Südseite des Innenraumes erinnert an den Meister und sein Schaffen. Beim Neubau der Kirche entstand unter dem Hohen Chor eine Krypta, die neue Fürstengruft. In neunundzwanzig zum Teil kunstvoll verzierten Särgen ruhen dort die Gebeine der herzoglichen Familie, darunter auch die des Bauherrn Herzog Heinrich Julius, der 1613 in Prag verstorben war. Eine ausführliche Beschreibung der Särge ist in dem Buch ›Soli Deo Gloria. Die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel‹ zu finden, das 1987 vom damaligen Landeskonservator Möller herausgegeben wurde. Die Fürstegruft kann außerdem im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Von »sonstigen Begräbnissen unter der Kirche« berichtet uns Christoph Woltereck. Im ›Chronicon‹, dem 1747 gedruckten Begräbnisbuch der Hauptkirche, nennt er mehr als 200 Begräbnisse unter dem Kirchenboden. Vorgenommen wurden die Begräbnisse hier im Zeitraum zwischen 1600 und 1701, sie befinden sich in Gewölben, gemauerten Gräbern oder im Erdreich. Der Fußboden der Kirche soll bis ins 19. Jahrhundert vorwiegend aus Grabplatten bestanden haben. Bei Restaurierungsarbeiten im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert ist leider vieles verloren gegangen. An den Seiten des Kirchenschiffes sind einige der Grabplatten noch zu finden, andere wurden an den Mauern befestigt. Auch hier kann man auf reich verzierten Steinen die Lebensgeschichten der Menschen studieren, findet Familienwappen und Symbole der Vergänglichkeit des Lebens. Die Begräbnisse in der Kirche waren besonders wohlhabenden Hofbeamten und Bürgern vorbehalten, denn es entstanden dafür deutlich höhere Kosten als für Gräber auf dem Kirchhof. Außerdem wurden von den Hinterbliebenen Spenden zum Kirchenbau erbeten. Insbesondere die Fertigstellung der prächtig verzierten Zwerchhausgiebel auf dem Kirchendach war sehr kostspielig und wurde aus solchen Spenden finanziert. Der angesehene Hofkapellmeister Michael Praetorius erhielt im Jahre 1621 sein ›Ruhebettlein‹ als Ehrengrab unter der Orgelempore. Von einem Epitaph, das sich über der nördlichen Empore befunden haben soll, bleibt uns leider nur die Beschreibung durch Woltereck. Michael Praetorius sei darauf abgebildet gewesen, daneben habe es Bibelzitate mit Bezug zur Himmelfahrt Christi sowie Lebensdaten des Verstorbenen und den Ruhm seines Werkes gegeben. Auch der Prinzenerzieher und Sprachwissenschaftler Justus Georg Schottelius fand nach seinem Tode 1676 seine letzte Ruhestätte unter dem Kirchenschiff. Ein Grabstein ist nicht mehr auffindbar. Eine heute an der Südseite befindliche Grabplatte weist lediglich auf ein Begräbnis zweier Kinder von Schottelius hin. Nach dem Kirchenneubau erstreckte sich die Nutzung der Begräbnisplätze außerhalb der Kirche über einen Zeitraum von nahezu 200 Jahren. Die Ausmaße des Kirchhofes entsprachen in etwa denen der heutigen Grünanlage. Zur Einfriedung des Geländes errichtete man im Jahre 1648 eine Ringmauer. Das Gebäude der Lateinschule (heute Standort des Gemeindehauses) musste 1708 einer Kirchhofserweiterung weichen. Im ausgehenden 18. Jahrhundert wurden innerstädtische Begräbnisse untersagt, vielerorts verlegte man die Friedhöfe in Außenbezirke der Städte. So wurde auch der Kirchhof bei der Marienkirche geschlossen, die Kirchhofsmauer wurde 1820 niedergelegt und das Gelände eingeebnet. Zahlreiche alte Grabsteine gingen verloren oder fanden als Gehwegplatten Verwendung. Im Jahre 1842 kam es zum Abbruch der alten Predigerhäuser, die nordöstlich der Kirche am Kornmarkt standen. Den gesamten Platz bei der Kirche wandelte man in eine Grünanlage um. *Text: Evelyne Kunkel*
Station 2: **Der Bürgerfriedhof hinter der Trinitatiskirche, ehemals »Der Alte Gotteslagersche Kirchhof«** *(Nr. 2 im Übersichtsplan)* Tritt der Spaziergänger durch die Torbögen der Trinitatiskirche, so tun sich vor ihm die Parkanlagen am Stadtgraben auf. Hier, östlich der Festungswerke, lag außerhalb des Kaisertores schon vor langen Zeiten der ›Alte Gotteslagersche Kirchhof‹. Auf der 1620 von Elias Holwein geschaffenen Stadtansicht ist der Kirchhof mit der kleinen Dreifaltigkeitskirche gut zu erkennen. Angelegt wurde dieser Friedhof im ausgehenden 16. Jahrhundert für die Gemeinde der durch Herzog Julius neu gegründeten Vorstadt Gotteslager (heute Juliusstadt). Der Bau der Dreifaltigkeitskirche ist 1588/89 bezeugt. Im Pestjahr 1597 erlagen innerhalb weniger Monate mehr als 400 Personen der Seuche. Das Friedhofsgelände war bald mit Gräbern gefüllt.Woltereck schreibt, dass es 1603 nötig wurde, den »uhralten Gottes-Acker vorm Kayser-Thor zu vergrössern«. Auf Anweisung »damaliger Landes-Herrschaft« mussten der Großvogt Arnd von Kniestedt und der Baumeister Paul Francke diese Erweiterung vornehmen. Die Schloss-Gemeinde (zeitweilig eine eigene Gemeinde in der Dammfestung) und die Gemeinde der Marienkirche erhielten hier eigene Bestattungsbereiche. Es ist zu vermuten, dass in dieser Zeit wegen der Bauarbeiten an der neuen Hauptkirche der dortige Begräbnisplatz nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stand und auf diese Weise Ersatz geschaffen wurde. Von Problemen besonderer Art berichtet Woltereck ebenfalls: *»Anno 1615 begonnte die Mauer um dem Kirchhof schadhaft zu werden und zu verfallen ...«.* Die Inhaber der Erbbegräbnisse waren zur Instandsetzung der Mauer aufgefordert. Dieses unterblieb offenbar, denn *»... Anno 1618 war der Gottes-Acker von Plancken und Mauren (...) noch dergestalt entblösset, daß täglich Kühe, Schweine und ander Vieh, welche die Cörper fast aus den Gräbern wieder aufwühleten, sich häufig und ungehindert darauf finden liessen; mithin vorüber reisende Fremde bey solchem Anblick schier in die Gedancken geriethen: als wäre dieses Orts keine Gottesfurcht mehr bey den Leuten ...«.* Für den Preis von 1.639 Talern 29 Groschen und 4 Pfennigen wurde eine neue Mauer errichtet, die dann bald von einem heftigen Windsturm wieder beschädigt worden ist. Aber dieser Windsturm mag wohl nur *»... ein Vorbote solcher nahen über ihn ergangenen Krieges-Stürme gewesen seyn.«* Der 30jährige Krieg mit dänischer Besetzung sowie Belagerung und Einnahme durch die Pappenheim’schen Truppen verwüstete den Gottesacker aufs schwerste. Insbesondere die dänischen Söldner hielten sich an keine Friedhofsordnung, hoben beliebig Gräber aus, die nur flache Gruben waren, und verscharrten ihre Toten darin. 1627 hatte man den Friedhof großteils eingerissen, eine Schanze gezogen und eine Fahrstraße dahin angelegt. Aus diesem Grund mussten *»52 Tote aufgegraben und anderswo bestattet ...«* werden. Herzog August d. J. ließ in seiner Regierungszeit nach dem 30jährigen Krieg die Festungsanlagen verstärken und erweitern. Ein Teil des wieder hergerichteten Kirchhofes wurde geräumt. Darauf entstand ein neues Bollwerk, die Bastion Corneliusberg, deren Überreste heute als Garnisonsberg bekannt sind. 1655 musste auch die Dreifaltigkeitskirche diesen Baumaßnahmen weichen. Baumaterial der Kirche wurde zur Errichtung der Johanniskirche in der Auguststadt verwendet. Das verbleibende, nunmehr innerhalb der neuen Festungswerke liegende Friedhofsareal wurde angeschüttet. Es diente weiterhin als Gemeindefriedhof der Schloss-Gemeinde, der Gemeinde der Marienkirche sowie der Dreifaltigkeits- bzw. Trinitatisgemeinde. Mitunter wurde er als der ›Friedhof am Walle‹, nach dem Neubau der Trinitatiskirche an der Stelle des ehemaligen Kaisertores auch als ›Bürgerfriedhof hinter der Trinitatiskirche‹ bezeichnet. Im Jahre 1905 fand hier die letzte Beisetzung statt, 1911 ging das Gelände in städtischen Besitz über. 1934 war bereits eine Parkanlage entstanden, in der sich immerhin noch 273 Grabsteine mit Inschriften befanden. In der folgenden Zeit bestanden Pläne zur Räumung des Geländes. Durch den Einspruch von Bürgern konnte diese Maßnahme verhindert werden. Dennoch verschwanden viele der Steine mit der Zeit nicht nur durch Witterungseinflüsse, sie waren auch willkommenes Baumaterial in Privathäusern und Gärten. Am 2.7.1962 wurde das Gelände offiziell als Friedhof entwidmet und teilweise zur Bebauung freigegeben. Es entstand die Dreifachturnhalle am Landeshuter Platz und in jüngerer Zeit die Parkpalette. Der größere Teil zum Stadtgraben hin ist als Parkanlage erhalten geblieben. Den heute so beschaulich daliegenden Parkanlagen wird der Spaziergänger diese wechselvolle Geschichte kaum glauben. Die wenigen erhaltenen Grabsteine stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert; ihre Inschriften sind ausnahmslos in deutscher Sprache abgefaßt. Die älteren, noch nach Art der Barockzeit reich ornamentierten und als Stelen aufgerichteten Steine sind oft von beiden Seiten beschriftet. Auch hier kann man über Schicksale und Frömmigkeit der Verstorbenen manches erfahren. Auffallend anders gestaltet sind die Steine des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts, der Epoche des Klassizismus, die in Architektur und Kunst stilbestimmende Elemente der Antike wieder aufgriff. Diese Ausrichtung auf die Antike machte sich auch bei der Gestaltung von Grabmalen bemerkbar. Bereits 1769 hatte Gotthold Ephraim Lessing in seiner Untersuchung ›Wie die Alten den Tod gebildet‹ antike Grabmale beschrieben und gedeutet. Lessing erläutert die Darstellung eines geflügelten Jünglings, eines Genius, der eine gesenkte Fackel hält, in der anderen Hand einen Kranz und über dem Kranze ein Schmetterling: *»... Vielmehr spricht alles«*, so meint Lessing, *»was um und an diesem geflügelten Jünglinge ist, für das Bild des Todes. (...) Was kann das Ende des Lebens deutlicherbezeichnen als eine verloschene, umgestürzte Fackel? Und der Kranz in seiner Linken? Es ist der Totenkranz. (...) Endlich der Schmetterling über diesem Kranze? Wer weiß nicht, daß der Schmetterling das Bild der Seele und besonders der von dem Leibe geschiedenen Seele vorstellet?«*Der große Dichter und Gelehrte Gotthold Ephraim Lessing, der die letzten elf Jahre seines Lebens in Wolfenbüttel als Direktor der Herzoglichen Bibliothek zubrachte, liegt nicht hier begraben. Seinen Grabstein auf dem Magnifriedhof in Braunschweig ziert das eigene Porträt. Aber den von Lessing beschriebenen Schmetterling, das Sinnbild für die unsterbliche Seele: Hier in den Parkanlagen hinter der Trinitatiskirche findet man ihn mehrfach wieder. Ein besonders schönes Exemplar schmückt die Familiengrabstätte der Bankiersfamilie Seeliger. Auch gesenkte Fackeln als Zeichenverlöschenden Lebens und der geflügelte Genius sind auf Steinen oder eisernen Kreuzen zu entdecken. Der aufmerksame Betrachter wird noch eine Reihe weiterer symbolhafter Darstellungen vorfinden. Einige der gebräuchlichsten Symbole seien hier genannt: – Der Efeu bedeutet, dass die Seele lebt, auch wenn der Körper tot ist. – Die Schlange, die sich in den Schwanz beißt, gilt als Kreislauf der Zeit. – Die Wasserkanne gilt als Segenszeichen der Reinigung von den Sünden. – Die Amphore weist u. a. auf den Leib als zerbrechliches irdenes Gefäß. – Die Sanduhr deutet auf die Vergänglichkeit, die schnell enteilende Zeit. – Die (zerbrochene) Säule zeigt die Vergänglichkeit des Irdischen. – Die umgestürzte Fackel zeigt: Das Leben ist erloschen. – Der Schmetterling steht für die Unsterblichkeit der Seele. – Die Öllampe (Lampensymbolik) ist mit der Lichtsymbolik verbunden. – Der Stern ist ebenfalls ein Zeichen des Lichts. – Sternengruppen könnten anhand der Zahlensymbolik gedeutet werden, z. B. die Sechs als Zahl der Schöpfung, die Sieben als Zahl der Offenbarung, die Acht als Zahl der Vollendung und der Auferstehung. Auffällig ist ein recht gut erhaltenes Denkmal in Form einer Fiale, eines schlanken dreieckigen Türmchens mit spitzem Dach. Es ist das Grabmal für den 1879 verstorbenen Hofchirurgen August Th. Meyer. An zwei Seiten ist das Emblem eines sechsstrahligen Sternes (griech. Hexagramm) zu sehen. Ein solcher Stern, gebildet aus zwei übereinander geschobenen Dreiecken, ist als jüdisches Glaubenssymbol Davidstern bekannt. Als ›Siegel Salomos‹ ist das Hexagramm auch in anderen Kulturen ein verbreitetes Symbol. In diesem Falle weist das Hexagramm auf die Zugehörigkeit des Verstorbenen zur Freimaurerloge hin. In Wolfenbüttel findet manes auch am Logenhaus der Freimaurerloge ›Wilhelm zu den drei Säulen‹ in der Kanzleistraße. Die weitaus größte Zahl der Grabstätten auf diesem Friedhof sind nicht erhalten geblieben. Erinnert sei an die Begräbnisstätte der Juristenfamilie Leiste. Aus dieser Familie stammte Bertha Leiste, die Ehefrau des Schriftstellers Wilhelm Raabe. Auch der Name des Mühlenbesitzers Schünemann ist durch das Gebäude der ›Schünemannschen Mühle‹ (heute Bundesakademie für kulturelle Bildung) in Wolfenbüttel noch präsent. Diese Familie hatte ihre Grabstätte ebenfalls hier. Das prominenteste Begräbnis dieses Friedhofs ist das von Eva Lessing, der im Jahre 1778 verstorbenen Ehefrau von Gotthold Ephraim Lessing. Die genaue Ruhestätte konnte später nicht ermittelt werden, da kein Grabstein mehr vorhanden war. Die Nachkommen ihrer Tochter Malchen, Familie Henneberg, haben ihr im Jahre 1929 einen Gedenkstein am Rande der Anlage setzen lassen.**Begräbnisse in der Trinitatiskirche** Der auf den Grundmauern des Kaisertores errichtete erste Bau der Trinitatiskirche hatte nur kurze Zeit Bestand: Bereits fünf Jahre nach ihrer Weihe wurde die Kirche im Jahre 1705 durch einen Blitzschlag entzündet und brannte bis auf die Türme und die Umfassungsmauern ab. Der zweite Kirchenbau, die heutige Trinitatiskirche, wurde nach Plänen des Baumeisters Hermann Korb errichtet und 1719 geweiht. Eine Krypta ist nicht vorhanden, aber auch in dieser Kirche wurden einige Jahrzehnte lang unter dem Kirchenboden Bestattungen vorgenommen. Mehr als zwanzig überaus prächtige Epitaphe im Innenraum der Kirche legen davon Zeugnis ab, dass es sich dabei meist um hochgestellte Angehörige der Hofbeamtenschaft gehandelt haben muss. Seit 1732 diente die Trinitatiskirche zusätzlich der Militärgemeinde als Garnisonskirche zu Gottesdiensten. Rechts und links neben dem Kanzelaltar befinden sich Tafeln mit den Namen der im 1.Weltkrieg gefallenen Soldaten der Garnison. Die Namen der gefallenen Gemeindemitglieder aus beiden Weltkriegen sind in einem Buch in einer Fensternische verzeichnet. *Text: Evelyne Kunkel*
Station 3: **Ehemaliger Friedhof ›Vor dem Herzogtore‹** *(Nr. 3 im Übersichtsplan)* Im Norden der Altstadt geht die heutige Verkehrsführung über den Kreisel und die Kenosha-Brücke. An dieser Stelle hatte Herzog August um 1660 bei der Erweiterung seiner Festungsanlagen ein neues Stadttor bauen lassen, das Herzogtor. 1820 wurde das Tor niedergelegt, doch der Name blieb in der Straßenbezeichnung ›Am Herzogtore‹ erhalten. Von hier aus ostwärts, zwischen der verkehrsreichen Friedrich-Wilhelm-Straße und dem Verlauf der Oker, erstreckt sich eine Parkanlage mit prächtigem alten Baumbestand.Vereinzelte Grabmale wirken so natürlich in den Park eingestreut, dass sie von vielen Spaziergängern gar nicht wahrgenommen werden: Ein alter Friedhof, von dem die Natur wieder Besitz ergriffen hat. Und doch sind hier noch bis zum Jahre 1940 Beisetzungen erfolgt. Rund 280 Jahre lang, von etwa 1660 bis 1940, befand sich auf diesem Gelände entlang des Festungsgrabens der Gottesacker mehrerer Kirchengemeinden. Anfänglich eingerichtet als Friedhof für die Soldaten der Garnison wurde bald auch ein »Ort für arme Sünder« geschaffen, für Personen also, denen man ein ehrenhaftes christliches Begräbnis versagte. Wegen des Umbaus der Festungswerke vor dem Kaisertor, der heutigen Trinitatiskirche, waren die dortigen Begräbnismöglichkeiten eingeschränkt. Die Gotteslagersche- sowie die Schloss-Gemeinde benötigten dringend neues Gelände für ihre Begräbnisse. So wurde hier vor dem Herzogtore in mehreren Erweiterungen ein bis zur Oker reichendes Friedhofsareal mit einer gemauerten Uferböschung angelegt. Der Lageplan von 1898 zeigt die Größe des Friedhofes und die spätere Aufteilung zwischen den Gemeinden der Hauptkirche und St. Trinitatis. Ein kleiner Teil des Geländes, östlich zur Friedrich-Wilhelm-Straße gelegen, wurde seit 1830 der katholischen Gemeinde als erster katholischer Friedhof der Stadt nach der Reformation überlassen. In der Mitte des gesamten Areals soll es eine kleine Leichenhalle gegeben haben, weiterhin war ein größeres Grundstück nördlich am Rande der Straße bebaut. Hier befand sich ursprünglich das Haus des Totengräbers mit Nebengebäuden, die 1916 abgerissen wurden. 1935 hat man zwei Grundstücke zur Bebauung freigegeben und verkauft. Nachdem der Friedhof bereits geschlossen war, haben in Erbbegräbnissen bis 1940 vereinzelt noch Beisetzungen stattgefunden. Zuletzt ist die Urnenbeisetzung einer am 27. 12. 1940 verstorbenen Frau nachgewiesen. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren hat dieser Friedhof besonders stark unter Vandalismus zu leiden gehabt: In Zeiten der Materialknappheit bedienten sich nicht nur Anwohner hier und holten Böschungssteine, Einfassungen und Grabsteine auf ihre Grundstücke. Eiserne Ketten und anderes wurde demontiert und beim Altmaterialhändler zu klingender Münze gemacht. Spielende Kinder und Jugendliche taten ein Übriges. Der Zustand muss so schlecht gewesen sein, dass man Anfang der 60er Jahre in Erwägung zog, dieses Gelände baldmöglichst zu bebauen. Eine Anzahl von Bürgern setzte sich damals für die Erhaltung als Parkgelände ein. Bei einer Bestandsaufnahme im Jahre 1966 konnten auf Grabsteinen noch rund 400 Namen von hier Beigesetzten nachgewiesen werden. Seither ist es durch Missachtung und auch durch den ›Zahn der Zeit‹ zu weiterem Verfall gekommen. Wenige der alten Grabdenkmäler sind noch vorhanden. Manches ist unleserlich geworden, anderes mit Mühe zu entziffern. Ein markanter Grabstein hat die Form eines Tetraeders, einer dreiseitigen Pyramide. Es ist der Gedenkstein auf dem Grab des Freiherrn von Brandenstein. Die Inschrift, die im Jahre 2002 noch zu entziffern war, füllt die drei Seiten des sonst schmucklosen Denkmals völlig aus und lautet: Erste Seite: *Ludwig Heinrich* *Ein Sohn des ehemaligen fürstl. Oettingi: Freyherrn von Brandenstein, aus dem Hause Woelsdorf und Ranis und einer geborenen Freyin von Woellwarth, ward geboren zu Oettingen d. 31.Oct.1718. Er trat in seinem 13ten Jahre als ein Edelknabe in herzogl. Braunschw. Dienste; und starb d. 14. April 1789 als Generalmajor und Commandant zu Wolfenbüttel. Er vermählte sich nacheinander mit Christinen Henrietten Eleonoren und Julianen Augusten zwo Schwestern aus dem Geschlechte der Freyherrn von Lassperg. Die erste gebar ihm sechs Kinder, von welchen aber nur zwei ihn und die Jahre der Kindheit überlebten. Seine zwote Ehe blieb ohne Kinder, und er starb als Wittwer, ohne Bruder oder Brüder-Kinder zu hinterlassen.* Zweite Seite: *Er war wie dieses Denkmal einfach und ohne Prunk aber wahr, gerade und standfest. Er stand unerschüttert in den Erdbeben der Schlachten,wankte nie in der Treue gegen seinen Herrn,war ein Muster in der Liebe gegen seine Gattinnen, und der beste Vater gegen seine Kinder. Alles was er that, that er von ganzer Seele. So liebte er seine Freunde, so schlug sein Herze für jeden seiner Mitmenschen, und seine Gattinnen verdienten einen solchen Mann.* Dritte Seite: *August Georg Freyherr von Brandenstein* *Herzogl. Mecklenburg : Schwerin: Cammerherr und Regierungs Rath und seine Schwester Christine Charlotte Friederike Hoffräulein der regierend : Herzogin zu Mecklenb : Schwerin : setzten dieses Denkmal für die Nachwelt. So lange sie leben steht dem Andenken ihrer Eltern in ihren Herzen ein Besseres. Gatten, Eltern, Freunde, Krieger, Mitbrüder jedes Standes, verlasst dies seltene Denkmal, selten, weil es nicht schmeichelt, mit dem schönen Vorsatz der Nacheiferung.* Einige besonders schöne Grabmale aus dem 18. Jahrhundert sind erhalten, auch der Schmetterling ist wieder aufzufinden. Die Steine des ausgehenden 19. Jahrhunderts sind sehr viel schlichter in der Gestaltung. Ihre Beschriftung beschränkt sich zumeist auf Namen und Lebensdaten. Einige Ruhestätten von herausragenden Wolfenbütteler Bürgerinnen sind erhalten geblieben: – Auguste Raabe, Mutter des Schriftstellers Wilhelm Raabe, wurde 1874 beigesetzt. – Henriette Schrader, geb. Breymann, Pädagogin und Schulgründerin, fand ihre letzte Ruhestätte 1899 in der Familiengrabstätte der Pastorenfamilie Breymann. – Anna Vorwerk, Pädagogin und Gründerin der Schlossanstalten, Ehrenbürgerin der Stadt Wolfenbüttel, wurde im Jahre 1900 in der Familiengrabstätte ihrer Eltern beigesetzt. Nähere Informationen über Leben und Werk der Pädagoginnen Anna Vorwerk und Henriette Breymann erfahren Sie beim Spaziergang ›Starke Frauen in Wolfenbüttel‹. Auf diesem Friedhof fanden auch zahlreiche Angehörige von Wolfenbütteler Gärtnerfamilien ihre letzte Ruhestätte. *Text: Evelyne Kunkel*
Station 4: **Jüdischer Friedhof** *(Nr. 4 im Übersichtsplan)* Im Jahre 1724 wurde dem Begründer der Wolfenbütteler jüdischen Gemeinde Marcus Gumpel Fulda die herzogliche Genehmigung erteilt, den von ihm erworbenen Garten als Friedhof zu nutzen. Der Garten befand sich ›Über dem Gotteslager am Wege nach Atzum‹; die heutige Straßenbezeichnung lautet Am Jahnstein. Dieser Friedhof wurde von der jüdischen Gemeinde unterhalten und dient bis in die jüngste Zeit als Begräbnisplatz. Im jüdischen Glauben bedeutet das Grab eines Menschen die Ruhestätte für die Ewigkeit. Die Erhaltung eines Friedhofes besitzt daher einen sehr hohen Stellenwert. Ein sehr beschämendes Kapitel in der Wolfenbütteler Stadtgeschichte war die Zeit des Nationalsozialismus, während der der jüdische Friedhof schwer verwüstet wurde. Einer völligen Zerstörung entging er vermutlich nur, weil er sich zum Teil im Privatbesitz befand. Noch Ende der 70er Jahre hat es hier Vandalismus und Zerstörungen gegeben. Anfang der 80er Jahre konnte der Friedhof, maßgeblich auf Privatinitiative hin, wieder hergerichtet werden. Die Einfassungsmauer wurde erneuert und es wurden Gedenktafeln für die Opfer des Holocaust gesetzt. Zur Historie dieses Friedhofes sowie zu den Grabsteinen und ihrer Beschriftung wird ausführlich berichtet in dem Buch ›Der jüdische Friedhof in Wolfenbüttel‹, das 2005 durch die Lessing-Akademie herausgegeben wurde. Ein Besuch auf dem jüdischen Friedhof ist nach Absprache mit der jüdischen Gemeinde in Braunschweig möglich. Es werden auch Führungen angeboten. *Text: Evelyne Kunkel*
Station 5: **Katholischer Friedhof** *(Nr. 4 im Übersichtsplan)* In der evangelischen Stadt Wolfenbüttel war seit Beginn des 18. Jahrhunderts eine katholische Gemeinde toleriert, die aber nicht über einen eigenen Begräbnisplatz verfügte. Ihre Verstorbenen mussten die Katholiken in einer *»zwei Stunden entfernten Ruhestätte«* (vermutlich Braunschweig und Dorstadt) beisetzen. Am 28. März 1829 stellte die inzwischen sehr angewachsene katholische Gemeinde einen Antrag auf *»Einräumung eines eigenthümlichen Kirchhofs«*. Amtlicherseits wurde daraufhin in Erwägung gezogen und für unbedenklich gehalten, besagter Gemeinde einen Teil des *»vor dem Augusttore am Fußwege nach Stöckheim«* gelegenen Gottesackers abzutreten (siehe auch Triangelfriedhof). Dieses war *»... ein Kirchhof, welcher bisher blos für die im Lazarett und Hospitale auf der Auguststadt verstorbenen bestimmt ist ...«*. Davon sah man wieder ab und gestattete der Gemeinde schließlich den Erwerb eines Grundstückes an der Friedrich-Wilhelm-Straße. Dort entstand 1830 der erste katholische Friedhof in Wolfenbüttel nach der Reformation, der im Jahre 1899 wieder aufgegeben wurde. Ein Areal für einen größeren Friedhof konnte von der katholischen Gemeinde Am Atzumer Weg (heute Schinkelstraße/ Am Jahnstein) erworben werden. Hier befindet sich seit 1899 der katholische Friedhof, auf dem am 1.11.1978 eine neue Friedhofskapelle eingeweiht worden ist. Das Grundstück des ehemaligen katholischen Friedhofes an der Friedrich-Wilhelm-Straße wurde an die Stadt zurückveräußert, die einen Teil davon dem Landkreis überließ. Darauf wurde 1950 das Gesundheitsamt gebaut. Den anderen Teil erhielt im Jahre 1954 der Bildhauer Erich Schmidtbochum für den Bau seines Ateliers. Ein weiteres trauriges Kapitel der Stadtgeschichte darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben: In den Jahren 1937-1945 wurden auf Befehl der damaligen Nationalsozialistischen Regierung im Wolfenbütteler Strafgefängnis mehr als 500 Personen hingerichtet. Darunter waren 145 Frauen und Männer katholischen Glaubens, die hier auf dem neuen katholischen Friedhof beigesetzt wurden. Fast alle diese Toten konnten später exhumiert und in ihre Heimat, zumeist nach Belgien oder nach Frankreich, überführt werden. Eine Gedenktafel an der Friedhofskapelle und eine kleine Anlage mit einem Gedenkstein erinnern an diese Schicksale. *Text: Evelyne Kunkel*
Station 6: **Johanniskirchhof** *(Nr. 6 im Übersichtsplan)* Westlich der Altstadt und des Schlossbezirkes liegt der Stadtteil Auguststadt. Der Besucher, der den Verkehrslärm der Jägerstraße hinter sich gelassen hat, taucht nach wenigen Schritten in eine Idylle ein: Die Schleusenbrücke führt über einen Okerarm in die beschauliche Rosenmüllerstraße. Vom Stundenschlag einer Kirchturmglocke angezogen, wendet man sich nach lhttps://poi-staging.krbu.de/org/5616204464657675d1000000/locations/57596a9be779892f6e000020/edit#custominks in die Glockengasse und steht bald vor einer kleinen, von Grünflächen umgebenen Fachwerkkirche. Es ist die St. Johanniskirche, die inmitten des ehemaligen Kirchhofes liegt. Hier erinnern nur noch wenige Grabmale daran, dass auf diesem Terrain einmal der Friedhof eines ganzen Stadtteils lag. Herzog August d. J. ließ diese Siedlung als Handwerkervorstadt nach den Verwüstungen des 30jährigen Krieges neu anlegen. Zu Ehren des Herzogs erhielt sie den Namen Auguststadt. Die ältesten Häuser aus dem 17. Jahrhundert sind heute noch an der Jägerstraße und an der Dr.-Heinrich-Jasper-Straße (ursprünglich die Neue oder Breite Straße genannt) zu erkennen. Die Vorstadt wuchs und es entstanden bei den Bewohnern der Wunsch nach einem eigenen Gotteshaus und der Bedarf für einen Kirchhof. Herzog August förderte den Bau der Kirche, indem er Baumaterial der abgetragenen Dreifaltigkeitskirche im Gotteslager zur Verfügung stellte und durch Spenden auch für die angemessene Gestaltung des Innenraumes sorgte. Trotz seines hohen Alters von 84 Jahren nahm der Herzog 1663 selbst am Richtfest teil; die Weihe der Kirche und die Anlage des Begräbnisplatzes erfolgte noch im selben Jahr. Im Inneren des Kirchenraumes konnten vornehme Gemeindemitglieder, meist aus der Hofbeamtenschaft entstammend, ihre letzte Ruhestätte finden. Epitaphe an der Innenwand der Kirche und Grabplatten auf dem Kirchenfußboden weisen noch heute darauf hin. Der prominenteste der hier beigesetzten Hofbeamten war der Herzogliche Landbaumeister Hermann Korb. Zwar war er vom Herzog Anton Ulrich geadelt worden, machte aber von dem Adelsprädikat keinen Gebrauch. Entsprechend schlicht ist auch die Grabplatte an der südlichen Innenwand der Kirche, aus deren Inschrift die Bedeutung des Verstorbenen hervorgeht. Gleich daneben befindet sich die ebenso schlichte Grabplatte der Ruhestätte von Johann Rosenmüller. Der Komponist, nach dem die erwähnte Straße benannt ist, wurde von Herzog Anton Ulrich als ›Capell-Director‹ nach Wolfenbüttel berufen. Er lebte hier nur zwei Jahre lang und starb am 12. September 1684. Die Inschrift der Grabplatte ist in lateinischer Sprache abgefasst, eine Übertragung ins Deutsche liegt aus. Die heutige Grünfläche rings um die St. Johanniskirche diente einst den hier eingepfarrten Gemeindemitgliedern als Begräbnisplatz. Im Jahre 1879 musste der Kirchhof wegen Vollbelegung geschlossen werden. Erweiterungen waren wegen der engen Bebauung in der Auguststadt nicht möglich. Sehr vereinzelt wurde noch nach der Schließung in Erbgrabstätten beigesetzt oder es gab Begräbnisse besonders verdienter Pastoren der Gemeinde. Von der ehemaligen Friedhofsanlage sind nur sieben Grabdenkmäler erhalten geblieben. Das markanteste dieser Denkmäler liegt an der Nordseite der Kirche, gegenüber dem Eingang. Drei Stufen führen zu einem runden Sockel aus Sandstein, an dem sich vier mit Efeuranken verzierte Felder befinden. Nur zwei davon tragen eine Inschrift. Der Sockel ist bekrönt von einem etwa 2 m hohen dreiseitigen Sandsteinobelisk. An jeder der drei Seiten ist eine mit Blütenkränzen und Schleifen geschmückte ovale Kartusche ohne Inschrift zu sehen, über einer davon schwebt ein Schmetterling. Die Inschrift am Sockel ist stark verwittert und nur noch teilweise zu entziffern; auf der Vorderseite lautet sie: *Hier ruht Ernst Conrad Carl Bleibtreu* *weil. Prediger der St. Johannis Kirche hieselbst* *Er starb d. XXIV Dec. MDCCC im XL Jahre seines Alters* *Im IX Jahre seines Amtes* Der Inschrift auf der Rückseite ist zu entnehmen, dass dem Verstorbenen dieses Denkmal von seinen Geschwistern gesetzt wurde. Eine weitere bemerkenswerte Gedenktafel wurde als Epitaph an der südlichen Chorwand angebracht. Sie ist reich verziert mit Ornamentik und Akanthusblättern, obenauf thront ein Putto, der eine Krone hält. Rechts und links davon waren vermutlich Kreuze, die verloren gegangen sind. Auf einem Spruchband sind nur nocheinige Worte leserlich. Die Gedenkinschrift für den Verstorbenen lautet: *Nach vielen Mühseligkeiten des Lebens ist von der Wahlstatt dieser eitelen und plagenden Welt abgetreten und in die friedfertigen und seligen Wohnungen des Himmels eingeführet worden Herr JACOB SIEGMANN Fürst, Braunschw, Lüneb, wohlbestallter CAMMERRATH. Im Jahr 1671 den 15. Augusty ist er von schriftlichen Eltern zu Scheppenstedt gebohren und in den Orden der guten Streiter Christi durch die seelige Wiedergeburth aufgenommen worden. Die Geschwindigkeit seiner Feder und der Eifer für die Wohlfarth des Landes haben ihme ansehnlige Dienste verschafft. Im welchen er sich in der Zeit klug, geschickt und treu erwiesen bey zunehmenden Alter aber hat er mit mancherley Leib und Gemüth durchdringenden alle Kräffte entziehenden Kranckheiten kämpfen müssen bis Gott den letzten Sieg geschencket und er völlig frey gemachet worden von dem Leibe dieses Todes den 2. Decem. 1731 nachdem er sein Leben gebracht auf 60 Jahr 15 Wochen und 3 Tage.* *Tim 4 V7* Zwei weitere Epitaphe an der westlichen Kirchenmauer wären noch zu lesen, sind aber wegen des stark wachsenden Buschwerkes schlecht zugänglich. Drei weitere Grabsteine neuerer Art tragen kurze Inschriften aus dem ausgehenden 19. bzw. beginnenden 20. Jahrhundert. *Text: Evelyne Kunkel*
Station 7: **St. Johannis Friedhof an der Frankfurter Straße** *(Nr. 9 im Übersichtsplan)* Bereits kurz nach der Jahrhundertwende zeichnete sich ab, dass der durch den Bau der Landesbahn nicht erweiterungsfähige Friedhof an der Grauhofstraße bald zu klein werden würde. Seit August 1914 wurden Verhandlungen geführt über den Ankauf von Ackerland zur Anlage eines zusätzlichen Begräbnisplatzes. Ein *»... Gelände an der Fümmelser Chaussee (heute Frankfurter Straße), von dieser leicht zugänglich ...«* wurde daraufhin auf seine Eignung untersucht. Nachdem in Probegräbern kein Grundwasser aufgetreten war und die Bedenken in hygienischer Beziehung wegen der Nähe zum Schlachthof und dessen Brunnen ausgeräumt waren, wurde das Ackerland den Schlachtermeistern Eldag (Wolfenbüttel) und Vahlberg (Hildesheim) abgekauft. Die Begräbnisordnung, die vorsah, hier nur Eingepfarrte der St. Johannisgemeinde beizusetzen, wurde am 28.1.1918 vom Konsistorium genehmigt. Am 8. April 1918 weihte man den neuen Friedhof ein. Da der Friedhof 1921 erst teilweise in Benutzung genommen war, verpachtete man den Rest der Fläche für einige Jahre als Gartenland. Um 1930 wurde das gesamte Areal als Friedhof angelegt und eine Friedhofskapelle errichtet. Seit 1977 ist auch auf diesem Friedhof ein Neuerwerb von Grabstellen nicht mehr möglich. Vereinzelt gab es seither noch Beisetzungen in bereits erworbenen Gräbern. Der Friedhof lag etwas Abseits der Frankfurter Straße in idyllischer Lage innerhalb eines Wohngebietes. Im Jahr 2015 wurde der Friedhof geschlossen und es sind dort heute keine Gräber mehr vorhanden. Wie die Fläche zukünftig genutzt wird, ist offen.*Text: Evelyne Kunkel*
Station 8: **Hauptfriedhof an der Lindener Straße** *(Nr. 10 im Übersichtsplan)* **Die Friedhofsanlage** Der Hauptfriedhof, gleicht mit seiner eindrucksvollen Gartenarchitektur einer Parkanlage. Über ein Areal von rund 140.000 qm Größe erstreckt sich der zentrale Begräbnisplatz der Stadt. Der Besucher hat die Möglichkeit, den Friedhof aus verschiedenen Richtungen zu betreten: vom Kapellenweg, von der Leipziger Straße, der Ludwig-Richter-Straße, der Dietrich-Bonhoeffer-Straße oder durch den Haupteingang an der Lindener Straße. Der Besucher, der, von den Wallanlagen kommend, den Weg über die Lindener Straße zum Friedhof wählt, wird von einer repräsentativen Toranlage in Empfang genommen. Dieses Eingangsgebäude, ein ockerfarbener Backsteinbau, besteht aus zwei Seitenflügeln und einem spitzbogigen Eingangstor mit einer schmiedeeisernen Pforte. Ein großes, mit der Zeit etwas gedunkeltes Sandsteinkreuz über dem Torbogen trägt straßenseitig als Inschrift ein Zitat aus dem Korintherbrief 15V42: *»Es wird gesäet verweslich und wird auferstehen unverweslich.«* Nach Entwürfen des Stadtbauinspektors Meyer wurde diese Toranlage errichtet und am 30.9.1886 eingeweiht. Am Baustil lässt sich eine Form des Historismus mit neugotischer Ausprägung erkennen. Ursprünglich waren die Torräume als Kapelle und Leichenhalle genutzt. Heute befinden sich darin ein Aufenthaltsraum für Trauergäste und Räumlichkeiten der Friedhofsverwaltung. Eine Kastanienallee führt in gerader Linie auf ein Rondell in der Mittelachse zu. Hier erhebt sich auf einem Sockel aus schwedischem Granit ein besonderes Kunstwerk: die berühmte Christus-Statue des dänischen Bildhauers Berthel Thorwaldsen. Diese lebensgroße Statue aus weißem carrarischen Marmor ist eine Nachbildung, die als Schenkung des Wolfenbütteler Fabrikanten Ehrhardt der Stadt übergeben und am 12.7.1900 enthüllt worden ist. Das Original des Kunstwerkes befindet sich seit 1821 in der Kopenhagener Frauenkirche. Durch eine weitere Stiftung erhielt der Friedhof im Jahre 1917 ein angemessenes Gebäude für Trauerfeiern: die Martin-Welger-Gedächtniskapelle, auch Martinskapelle genannt. Die Unternehmerfamilie Welger widmete die Kapelle ihrem in Russland gefallenen Sohn Martin. Eine Gedenktafel befindet sich rechts neben der Eingangstür. Errichtet wurde die Kapelle nach Plänen des Braunschweiger Architekten Professor Georg Lübke ebenfalls im historisierenden Stil. Hier kommen byzantinische und romanische Einflüsse zur Geltung. Die Kapelle wurde auf einem kreuzförmigen Grundriss erbaut, über der Vierung erhebt sich eine kleine Kuppel. An jeder Giebelwand befindet sich ein großes bleiverglastes Rundbogenfenster. Rechts und links des Eingangsbereiches zieht sich ein Säulengang am Gebäude entlang. Ein Relief über der Eingangstür deutet auf die Bauzeit während des 1. Weltkrieges hin: Der segnende Christus ist umgeben von Soldaten. Bei der Einweihungsfeier der Kapelle am 10. November 1917 gedachte die Gemeinde der vielen gefallenen Wolfenbütteler Soldaten. Im Jahre 1982 wurden Erweiterungs- und Renovierungsarbeiten an der Kapelle notwendig; ein Anbau auf der Rückseite fügt sich stilvoll in die Form des Gebäudes ein. Die Anlage des Hauptfriedhofes erfolgte im ausgehenden 19. Jahrhundert. Durch die stetig ansteigenden Bevölkerungszahlen stieg auch der Bedarf an Begräbnisplätzen. Da es bei den bestehenden Friedhöfen keine Erweiterungsmöglichkeiten mehr gab, kaufte der Magistrat der Stadt ein zwölf Morgen großes Ackerland in der Feldmark Linden zur Einrichtung eines neuen zentralen Friedhofes. Die Verwaltung desselben lag in der Obhut der Kirchengemeinden St.Trinitatis und St. Marien. Gemeindemitglieder dieser Kirchengemeinden sowie »Personen, zu deren Begräbnis die Stadt verpflichtet ist« sollten hier ihre letzte Ruhestätte finden. Am 15.6.1878 fand die Weihe des Friedhofes und zugleich die erste Beisetzung statt. Das erste Grab erhielt die Witwe des Korbmachers Harms, es ist immer noch rechts vom Hauptwege am Rande des Gräberfeldes Abt. 3 zu sehen. Seit dieser Zeit hat der Friedhof etliche Erweiterungen bis zur heutigen Größe erfahren. Im Jahre 1941 ging die Verwaltung an die Stadt Wolfenbüttel über. Derzeit befinden sich auf dem Gelände des Friedhofes rund 16.500 Grabstellen. Die gärtnerische Gestaltung der gesamten Anlage wurde nach der Mode der damaligen Zeit vorgenommen. Grünanlagen mit botanisch seltenen Pflanzen und prächtigem Baumbestand sorgen für einen parkähnlichen Charakter des Friedhofes. Zwischen den Gräberfeldern befinden sich Hecken, Sträucher und Blumenbeete und bieten zusammen mit den neuzeitlichen Grabmalen ein stimmungsvolles, harmonisches Bild. In einem um 1925 herausgegebenen ›Wegweiser durch die Stadt und ihre Umgebung‹ heißt es; *»... unter den Grünanlagen (...) sind viele botanisch seltene und schöne Pflanzenexemplare zu finden. Omorica-Fichten, Dawiki-Buchen, pontische Azalien, Rhododendron, Scharlacheichen, Wacholder, Thuja und andere seltene Pflanzen erregen das Entzücken der Friedhofsbesucher.«* Mit den veränderten Lebensweisen der Menschen lässt sich in den letzten Jahren ein deutlicher Wandel in der Begräbniskultur feststellen, der den Charakter des Friedhofes spürbar verändert. Die Tendenz geht heute zur Wahl eines anonymen oder halbanonymen Grabes ›unter dem Grünen Rasen‹. Die Friedhofsverwaltung ist bemüht, diesen Wünschen nachzukommen, indem sie immer mehr zusammenhängende Rasenflächen zur Verfügung stellt. Die Schönheit eines Parkfriedhofes, der auch zu Spaziergängen einlädt, wird damit leider verloren gehen. **Ehrengräber und Grabstätten bekannter Personen** Die Kriege des vergangenen Jahrhunderts haben unter Soldaten und einheimischer Bevölkerung zahlreiche Opfer gefordert. Immer wieder wurde es nötig, ganze Gräberfelder für gefallene Soldaten und Zivilisten zur Verfügung zu stellen. Südlich der Kapelle befindet sich ein Gräberfeld mit Ehrengräbern für Gefallene des 1. Weltkrieges. Eine Gedenkstätte erinnert an die zwischen 1933 und 1945 verstorbenen Opfer des Faschismus in Wolfenbüttel: Fritz Fischer, nach dem auch eine Straße benannt wurde, Alfred Perkampus, Alfred Müller, Paul Pawelski, Hermann Müller, Fritz Röttger, Heinrich Wedekind und Kurt Strupat. Im östlichen Teil des Friedhofes, in der Nähe der Leipziger Straße, wurde nach dem 2. Weltkrieg der Sowjetische Ehrenhain angelegt. Das Terrain wurde in der Gestaltung einem Birkenhain einer russischen Landschaft nachempfunden. 312 sowjetische Soldaten, die zwischen 1941 und 1945 in deutschen Lagern umgekommen sind, haben hier in fremder Erde ihre letzte Ruhestätte gefunden. Ein Denkmal in Form einer dreiseitigen Pyramide wurde mit deutschem und englischem Text, aber auch mit kyrillischen Buchstaben beschriftet. Weitere Felder mit Ehrengräbern für Opfer des 2. Weltkrieges befinden sich nordwestlich der Kapelle. In der nahezu 130jährigen Zeit seines Bestehens haben auf diesem Friedhof viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ihre Ruhestätte gefunden. Einige wenige sollen hier stellvertretend genannt sein: – Julius Elster (gest. 1920) und Hans Geitel (gest. 1923), Naturwissenschaftler – Paul Zimmermann (gest. 1933), Archivdirektor und Historiker – Erich Schmidtbochum (gest. 1999), Bildhauer – Eberhard Gieseler (gest. 1977) Begründer der Gandersheimer Domfestspiele – Familiengrabstätte der Bankiersfamilie Seeliger – Familiengrabstätte der Fabrikantenfamilie Welger – Familiengrabstätten der Fabrikantenfamilie Mast Nicht mehr vorhanden sind die Gräber des 1888 verstorbenen Konservenfabrikanten Gustav Busch (Bruder von Wilhelm Busch) und seiner Ehefrau Alwine.
Zusatz: Station 9 und 10
Station 9: Triangelfriedhof - Gabelsberger Straße
Station 10: Auguststädter Friedhof an der Grauhofstraße - Grauhofstraße
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